Regelmäßig wird in solchen Fällen empfohlen, per Einschreiben mit Rückschein zuzustellen. Doch was soll bzw. kann der Rückschein eigentlich beweisen? Doch nur, dass überhaupt irgendein Schriftstück zugestellt wurde, nicht aber, welchen Inhalt das Schreiben hatte. Die Beweiskraft des Rückscheins geht somit gegen null, denn es könnte auch ein leeres Blatt per Einschreiben mit Rückschein verschickt worden sein. Nachvollziehen lässt sich das nicht, da die Post bzw. der Empfänger mit seiner Unterschrift auf dem Rückschein lediglich den Zugang der Postsendung selbst – unabhängig von deren Inhalt – dokumentiert.
Anders als die Post beurkundet ein Gerichtsvollzieher aber nicht nur die Zustellung eines Briefes beliebigen Inhalts, sondern die Zustellung genau des Schreibens (bestimmten Inhalts), mit dessen Zustellung er beauftragt wurde.
Allerdings kostet die persönliche (!) Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher mit 13,00 € (je nach Entfernung bzw. anfallender Kilometerpauschale auch mehr, s. u. Nachtrag unter Fn. 1.) deutlich mehr als ein Einschreiben mit Rückschein (derzeit, Stand: 23.01.2014, Briefporto + 3,95 € [Einschreiben Rückschein] oder + 5,75 € [Einschreiben Eigenhändig Rückschein]).1 Gemessen an den Vorteilen der Zustellung per Gerichtsvollzieher können sich die Mehrkosten von 3,10 € (s. u. Fn. 1) aber durchaus lohnen.
Hinzu kommt noch ein psychologischer Nebeneffekt: Nicht wenige Adressaten mag – jedenfalls in der Theorie – die persönliche Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher zumindest soweit beeindrucken, dass ihnen der Ernst der jeweiligen Angelegenheit noch einmal deutlich wird. Wer allerdings ohnehin regelmäßig einen Gerichtsvollzieher im Haus hat, den wird das auch nicht weiter beeindrucken.
Auch im umgekehrten Fall kann die Zustellung per Gerichtsvollzieher sinnvoll sein: Wenn ich beweisen möchte, dass eine natürliche Person tatsächlich gerade nicht unter einer bestimmten Anschrift zu erreichen ist und ihr dementsprechend auch kein Schreiben unter der Adresse zugestellt werden kann.
Im Internetrecht, vor allem bei Domainstreitigkeiten musste ich schon einmal beweisen, dass eine als Admin-C bei der denic für eine .de-Domain registrierte natürliche Person tatsächlich gar nicht oder jedenfalls nicht unter der angegebenen Adresse existierte (was bereits den benötigten Verstoß gegen die Domain-Richtlinien der denic bedeutete und letztlich zur angestrebten Löschung der Domain führte). Gerichtsvollzieher sei Dank, konnte ich das letztlich auch relativ leicht nachweisen, nachdem die Zustellung scheiterte und das entsprechend dokumentiert wurde.
Wie läuft die Zustellung in der Praxis nun eigentlich ab oder anders gefragt: Wie findet man den zuständigen Gerichtsvollzieher? Recht einfach: Die Adresse des Empfängers setze ich einmal als bekannt voraus. Über Postleitzahl (und Ort, PLZ müsste aber reichen) kann dann online im Orts- und Gerichtsverzeichnis das örtlich zuständige Amtsgericht ermittelt werden. An dessen Gerichtsvollzieherverteilerstelle schickt man dann einfach den Auftrag, das anliegende Schriftstück dem Adressaten persönlich per Gerichtsvollzieher zuzustellen.
Bitte beachten Sie, dass Sie auf den Zeitpunkt der Zustellung keinen Einfluss haben, sondern die Aufträge in der Reihenfolge ihres Eingangs abgearbeitet werden. In Abhängigkeit von der Auslastung der Gerichtsvollzieher der zuständigen Verteilerstelle kann die Zustellung längere Zeit in Anspruch nehmen, so dass diese ansonsten rechtssichere Art der Zustellung bei eiligen oder gar fristgebundenen Sendungen (z. B. Kündigungsschreiben) nur eingeschränkt empfohlen werden kann.
Gesetzliche Regelungen zum Nachlesen:
- § 192 ZPO: Zustellung durch Gerichtsvollzieher
- § 193 ZPO: Ausführung der Zustellung
- Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherkostengesetz – GvKostG)
Update 2015: Alternativ kommt eine Zustellung per Boten in Betracht, vor allem, wenn der Zeitpunkt der Zustellung selbst bestimmt werden soll.
1. Erläuterung zu den Kosten: 7,50 € fallen als Gebühren für die persönliche Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher an. Hinzu kommen ggf. noch Wegegeld (2,50 € bei einer Entfernung von 0-10 km) und die Auslagenpauschale i. H. v. 3,00 €, so dass der ganze Spaß mit 13,00 € dann doch nicht mehr so billig ist, sich aber immer noch lohnen kann.
Dr. jur. Christian Behrens LL.M.
Rechtsanwalt und Notar
- Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
- Notar mit dem Amtssitz in Uelzen
- Schlichter für Baustreitigkeiten (SOBau)
- Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg
- Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.
- Ehrenamtlicher Richter des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs (AGH) in Celle
Sehr interessant – vielen Dank!
Lassen sich denn auf diese Weise auch Schlüssel versenden, nach einem Auszug an einen Vermieter?
Ist wahrscheinlich schon möglich auch Schlüssel zu versenden. Allerdings könnte der Vermieter hinterher behaupten, es wären andere Schlüssel gewesen – also falsche Schlüssel.
Der Gerichtsvollzieher wird sich an die Form des Bartes wohl kaum noch erinnern. Also bleibt hier nur der Zeugenbeweis übrig:
Wenn nämlich ein Foto von den Schlüsseln (oder Scan) vorliegt und der Zeuge behauptet, dass er Sie zu post begleitet hat und schwört, dass er Sie keine Sekunde aus den Augen gelassen hat, als er mit Ihnen zur Post ging, dann hat der Vermieter nur noch die Chance an der „falschen-Schlüssel-Theorie“ festzuhalten. Das hat dann aber keine Aussicht mehr auf Erfolg.
Allerdings kann auch ein Richter anders entscheiden, denn wir haben in Deutschland/Österreich, die richterliche Unabhängigkeit. Und damit gilt das Wort des Richters…unabhängig davon, was bewiesen ist, und was nicht. Das unterliegt nämlich der richterlichen Beweiswürdigung.
Um ehrlich zu sein: Keine Ahnung, ob der GVZ auch Sachen zustellen kann. Er mag einen Brief mit Schlüssel darin zustellen können – nur müsste es dann neben der Abschrift des Schreibens auch ein Duplikat des Schlüssels geben (beides zusammen geht dann mit Zustellungsvermerk zurück an den Absender, damit der die Zustellung nachweisen kann). Selbst wenn das theoretisch möglich wäre, hätten Sie in mietrechtlichen Angelegenheiten sofort das Problem, dann nicht alle Schlüssel zur Mietsache zurückgegeben zu haben…
Aber warum so kompliziert, wenn es auch einfacher geht?: Stellen Sie Brief mit Schlüssel einfach per Boten zu. Der Bote muss dann neben dem Inhalt des begleitenden Schreibens auch den Schlüssel zur Kenntnis genommen und meinetwegen ein Foto davon gemacht haben, das sollte reichen.
Eingereicht am 27.10.2015 um 13:05 | Als Antwort auf Christine Schrenk.
Meine Erfahrung mit der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher ist sehr positive.
Bei wichtigen Schreiben wie Kündigung oder ähnliches gibt es kein Streit darum ob die Kündigung angekommen ist oder nicht.
Auch habe ich diese Form gewählt um Unterlagen heraus zu bekommen, auch hier war die Zustellung mit dem Gerichtsvollzieher
eine gute Wahl. Inzwischen werden wichtige Schreiben nur noch so verschickt.
Die Kosten von 10-15 Euro sind für das was man dafür bekommt völlig in Ordnung.
Am 09.09.2015 um 15:35 fragte NaKa:
Guten Tag Herr Dr. Behrens,
ich möchte auch einen Brief „beweissicher“ zustellen und hätte dazu zwei Fragen:
Der Empfänger wohnt im Bundesland Hessen. An wen muss ich den Brief schicken, damit er zugestellt wird?
Ich habe im Internet nur den Link zum zentrales Vollstreckungsgericht gefunden; hier jedoch keinen Hinweis zum „Brief per Gerichtsvollzieher“.
https://ag-huenfeld-justiz.hessen.de/irj/AMG_Huenfeld_Internet?cid=bb50295d2424699c5c28416f958f3ee2
Hätten Sie ggf. eine genaue Adresse für mich?
Wie verschickt man dann den Brief am Besten? Sie haben mit Sicherheit eine menge praktischere Erfahrung hierin. Intuitiv würde ich sagen, dass man den gewünschten Brief unverschlossen in einen weiteren Brief legt und diesen dann an die entsprechende Stelle schickt, oder?
Ihnen besten Dank.
PS::
Für alle Interessierten: Zu den Kosten habe ich noch in den verlinkten Link geschaut.
Maximal dürften für den Brief, wenn ich es richtig Verstanden habe 7,50 Zustellgebühr + Wegegeld Stufe 5 (16,25) = 23,75 fällig werden. Dass ist doch ein im Zweifel vernachlässigbarer Betrag, wenn es um das Eingemacht geht.
Stufe 1: bis zu 10 Kilometer ………. 3,25 €
Stufe 2: von mehr als 10 Kilometern bis 20 Kilometer ………. 6,50 €
Stufe 3: von mehr als 20 Kilometern bis 30 Kilometer ………. 9,75 €
Stufe 4: von mehr als 30 Kilometern bis 40 Kilometer ………. 13,00 €
Stufe 5: von mehr als 40 Kilometern ………. 16,25 €
/Edit: Kommentar im Zuge der Migration unserer Website übertragen, B./
Auch in Hessen bzw. beim für Sie örtlich zuständigen Amtsgericht müsste es eine Verteilerstelle für die Gerichtsvollzieher geben: Dorthin müsste die Sendung geschickt (oder dort abgegeben) werden. Sie können sich aber auch direkt an den örtlich zuständigen Gerichtsvollzieher wenden (ggf. ebenfalls beim Gericht erfragen, wer für welchen Bezirk zuständig ist). Genaue Adressen habe ich leider nicht parat, müsste ich auch erst raussuchen (in Hessen musste ich bislang noch nichts zustellen lassen…).
Ansonsten trügt Ihre Intuition Sie nicht, machen wir in der Praxis genauso. Allerdings fügen wir noch eine Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks bei. Diese Abschrift beglaubigt der Gerichtsvollzieher und verbindet nach der Zustellung des Originals die Zustellungsurkunde mit der Abschrift. Damit bekommen Sie dann den gewünschten „gerichtsfesten“ Nachweis der Zustellung bzw. des Zugangs des Originals.
/Edit: – s. o., B./
NaKa am 06.10.2015 um 18:27 | Als Antwort auf RA Dr. Christian Behrens.
Ihnen meinen besten Dank für die Antwort
/Edit: – s. o., B./
Sehr geehrter Herr Dr. Behrens,
vielen Dank für diesen informativen Beitrag. Ihr Nachtrag aus dem Jahr 2015, dass eine Zustellung auch durch einen Boten erfolgen kann, ist sehr knapp ausgefallen.
Ich kann Ihnen aus der Praxis eines leitenden Mitarbeiters im Bereich HR berichten, dass notwendige Zustellungen, insbesondere bei Umstrukturierungsmaßnahmen, fast nur durch Boten realisiert werden können, insbesondere, wenn diese Zustellung über größere Distanzen, im Bundesgebiet, zu erfolgen haben. Wir haben jüngst eine solche Maßnahme vollziehen müssen, und ich habe mich ausführlich mit geeigneten Dienstleistern auseinandergesetzt.
Wir waren mit unserer Wahl sehr zufrieden, weswegen ich hier im Formular einen Link zur Website unseres Dienstleisters eingefügt habe.
Herzlichen Dank für Ihren Hinweis bzw. Ihren Einblick in die Praxis. Der von Ihnen verlinkte Dienstleister war mir bislang nicht bekannt, aber man lernt ja nie aus. Für eine Zustellung per Boten spricht tatsächlich das Zeitmoment: So sicher die Zustellung per Gerichtsvollzieher auch sein mag, kann vor allem bei fristgebundenen Erklärungen (z. B. Kündigungen) eine Zustellung per Boten die bessere Wahl sein, denn dabei kann der Zeitpunkt der Zustellung besser bzw. überhaupt beeinflusst werden. Solange der Bote bzw. Dienstleister eine fristgerechte Zustellung und auch sonst eine „gerichtsfeste“ Zustellung gewährleisten kann, hätte ich keine Bedenken, derartige Boten einzusetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
diese Beiträge und Thematik sind sehr interessant da ich auch ein Zustellungsproblem folger Art habe:
Eine Aktiengesellschaft in Düsseldorf hat lt. Handelsregister eine Anschrift A.) ..an der ich
Brief und Einschrieben mit Rückschein geschickt habe.
Lt. Handelsregister heute istdie Anschrift A.) noch die gültige .. aber das AB ist bemüht die
AG aufzufordern eine korrekte Adresse einzutagen.
Die AG noch unter einer FAX-Nummer welches jedoch zu einem Firmenverbund des
Aufsichtsratsvorsitzenden gehört.
Macht in diesem Fall die Zustellung einer Mahnung zwecks Darlehnsrückzhalung über
einen Gerichtsvollzieher Sinn .. es wird ja einen Bevollmächtigten geben der für die AG zuständig ist ?!
Danke für eine Hilfestellung.
Neuerdings steht auf der Website der AG eine Adresse B.)..
Sehr geehrter Herr Westermann,
die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher kann generell immer dann sinnvoll sein, wenn der Zugang des Schreibens beim Adressaten im Streitfall bewiesen werden muss.
Ob das in Ihrem konkreten Fall sinnvoll ist, kann ich nur eingeschränkt beurteilen. Auf einen Versuch würde ich es aber ankommen lassen, denn – und insofern haben Sie Recht – die AG wird tatsächlich von einem Organ (dem Vorstand) vertreten, für den wiederum zum Empfang von (zugestellten) Postsendungen Bevollmächtigte tätig sein dürften. Wenn nicht, hat diese AG definitiv noch ganz andere Probleme… Sollte die Zustellung im ersten Anlauf scheitern, weil sich die Adresse bzw. der Sitz inzwischen geändert hat, hätten Sie auch insofern Klarheit.
Tiefer kann ich hier aus wohl nachvollziehbaren Gründen nicht einsteigen, was sich von selbst verstehen sollte.