Grundsätzlich besteht für den Abschluss und die Durchführung von Arbeitsverträgen Formfreiheit. Somit kann ein Arbeitsverhältnis ohne jegliche Dokumentation begründet und geführt werden. Dieser Grundsatz findet lediglich einer Einschränkung durch das Nachweisgesetz. Gemäß § 2 NachwG ist der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich abzufassen, zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung berührt die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages jedoch nicht.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25.10.2017 (7 A ZR 632/15) stellt diese Grundsätze für die tatsächliche Handhabung von Arbeitsverträgen in Frage.
Gegenstand der Entscheidung war ein Arbeitsvertrag, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Regelrentenalters vorsah. Es handelte sich somit um einen typischen Arbeitsvertrag wie er in der Praxis häufig gehandhabt wird. Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Prozesses hat der Arbeitnehmer geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der vertraglichen Regelungen endet. Hierbei hat er u.a. darauf verwiesen, dass dem Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) nicht entsprochen sei. Er habe vor Beginn des Arbeitsverhältnisses keine von den Vertragsparteien gezeichnete Fassung des Arbeitsvertrages erhalten.
Das BAG hat in seiner Entscheidung bestätigt, dass auch auf eine arbeitsvertragliche Regelung, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Regelrentenalters vorsieht, ein befristetes Arbeitsverhältnis im Sinne des TzBfG darstellt und daher dem Schriftformerfordernis entsprechen muss. Dieses ist nur gewahrt, wenn beide Parteien auf einer Urkunde den Vertrag gezeichnet haben und dem Arbeitnehmer vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Exemplar des Arbeitsvertrages zugegangen ist. In dem zu entscheidenden Fall stellte sich diese Frage, da der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer versandt wurde. Der Arbeitnehmer hat zunächst den von ihm gezeichneten Arbeitsvertrag an den Arbeitgeber versandt, dieser hat die von ihm gegengezeichnete Fassung möglicherweise jedoch nicht vor Beginn des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer zurückgereicht, weswegen der Rechtstreit zur Aufklärung dieser Frage zurückverwiesen wurde.
Konsequenzen für die Praxis
Nach der Entscheidung des BAG steht fest, dass die Wirksamkeit von Arbeitsverträgen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Regelrentenalters vorsehen, nach den Maßstäben des TzBfG zu beurteilen ist. Es ist daher zwingend erforderlich, die Schriftform zu wahren. Hierbei ist zu beachten, dass die Zeichnung des Arbeitsvertrages vor Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgt und den Parteien wechselseitig zugegangen ist.
Zur Vermeidung von Beweisrisiken empfiehlt es sich, bei entsprechender Möglichkeit im Rahmen der Ortsverhältnisse gemeinsam mit dem Arbeitnehmer in einem gemeinsamen Termin vor Beginn des Arbeitsverhältnisses den Arbeitsvertrag zu zeichnen und hierbei eine Empfangsquittung darüber vorzusehen, die sich über die Bestätigung des Empfangs des Arbeitsvertrages durch den Arbeitnehmer verhält. Sofern die Ortverhältnisse diese Handhabung nicht zulassen, ist dringend darauf hinzuwirken, dass die wechselseitige Versendung des gezeichneten Arbeitsvertrages so rechtzeitig erfolgt, dass beiden Parteien vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ein jeweils gezeichnetes Exemplar vorliegt. Sofern der Arbeitgeber das von ihm gegengezeichnete Exemplar versendet, wird er zu Beweiszwecken sicherstellen müssen, dass er auch den Zugang des gegengezeichneten Vertragsexemplars beweisen kann. Arbeitsverträge, die diese Formalien nicht gewahrt haben, sind unwirksam befristet, sodass nicht davon auszugehen ist, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen des Regelrentenalters endet.
Nikolai Manke
Rechtsanwälte Zimmermann & Manke
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