Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über (§1922 Abs.1 BGB). Allerdings und sogar vorrangig geht es bei der Erbfolge aber auch um den Übergang der Verpflichtungen, die der Erblasser eingegangen ist und nicht (mehr) erfüllt hat. Nach Annahme der Erbschaft haftet der Erblasser für alle im Nachlass begründeten Verbindlichkeiten.
Bei Überschuldung des Nachlasses wird deshalb häufig der Weg der Ausschlagung (§ 1942 ff. BGB) gewählt. Die Ausschlagung kann jedoch nur binnen sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe Kenntnis von der Erbschaft erlangt hat. Die Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht oder zu Notarprotokoll.
Komplexes Nachlassvermögen erlaubt es dem Erblasser nicht immer, binnen der Sechs-Wochen-Frist einen vollständigen Überblick über den Nachlass zu erhalten. Schwierigkeiten bereitet auch Schwarzgeld im Nachlass, welches von den Erben zur Vermeidung eigener Steuerstraffälligkeit zu erklären und zu versteuern ist. In der Praxis kann es Monate dauern bis der Erbe einen Überblick über die daraus resultierenden Verbindlichkeiten bekommen kann. Ist zwischenzeitlich die sechswöchige Ausschlagungsfrist abgelaufen, haftet der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen (§1967 Abs. 1 BGB).
Ist das vorhandene Erbe zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden, kann die Anordnung einer Nachlasspflegschaft oder ein Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens die Möglichkeit sein, die Haftung des Erben auf den Nachlass zu beschränken (§ 1975 BGB). Der Erbe hat unverzüglich die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen, wenn er von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erlangt hat.
Genügt der Nachlass nicht, die Kosten eines Nachlassinsolvenzverfahrens oder einer Nachlassverwaltung zu decken, wird weder ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet noch Nachlassverwaltung angeordnet. Der Erbe hat immer noch die Möglichkeit, die Dürftigkeitseinrede (§ 1990 BGB) zu erheben. Der Erbe ist in diesem Fall verpflichtet, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben. Der Erbe bleibt weiterhin den Nachlassgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses verantwortlich (§§ 1991, 1978 BGB).
Konsequenzen für die Praxis
Bei Unklarheiten über den Umfang des Nachlasses empfiehlt es sich, zeitnah ein Nachlassverzeichnis zu errichten und den Nachlass nicht zu verteilen. Stellt sich nach Ablauf der Ausschlagungsfrist heraus, dass der Nachlass überschuldet und/oder zahlungsunfähig ist, kann dieser für eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren separiert zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise vermeiden die Erben eine Vermischung mit eigenem Vermögen und Diskussionen über den Umfang des Nachlasses, der den Nachlassgläubigern zur Verfügung zu stellen ist. Im Wege eines Aufgebotverfahrens können die Nachlassgläubiger zur Anmeldung ihrer Forderung aufgefordert werden. Unverzüglich nach Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses ist ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen.
Johannes Zimmermann
Rechtsanwälte Zimmermann & Manke
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